Katharina
Der Wind peitschte
über die staubige Straße und der aufgewirbelte Sand hüllte das Dorf mit einem
gelben Tuch ein.
Trostlos scheinen die Felder, deren Oberfläche braun und grau wie alte, fleckige
Haut ist. Ausgestorben scheint das Dorf, dass so einsam und verlassen darliegt.
Doch der Schein trügt manchmal.
Ein junger
Mann trat aus dem Schatten eines Hauses und blickte sich um. Sein schwarzes
gewelltes Haar wehte im Wind und er hob die Hand um sie aus dem Gesicht zu streichen,
verhielt aber und senkte die Hand lächelnd. Die Strähnen würden so oder so wieder
zurückfallen. Dann richteten sich seine Gedanken wieder der jungen Frau, die
fast noch ein Mädchen war, zu. So unschuldig und zerbrechlich sie für andere
schien, die Kleine war ein Profi. Zur Zeit betrauerte sie ihren erst kürzlich
verstorben Gatten. Nummer drei, wenn er richtig mitgezählt hatte. Sie hatte
ihn vergiftet und mit einer fast herzzerreißenden Vorstellung die anderen Dorfbewohner
davon überzeugt, dass sie unschuldig ist. Würde er sie nicht schon eine Weile
beobachten, hätte er es auch geschluckt, aber er hatte die Tat gesehen und konnte
außerdem seit neustem Gedanken lesen. Eine Fähigkeit, die SEHR nützlich war.
Seine Gedanken kehrten wieder in die Gegenwart zurück.
Mit einem vergnügten Lächeln ging Luzifer zu ihr hin. Katharina stand am Grab
ihres nun toten Ehemannes. Wieder einmal wurde ihr bewusst, wie leicht sie die
Menschen betrügen konnte. Wenn das Leben nur nicht so langweilig wäre, ein bisschen
Abwechslung würde ihr so gut tun. Schritte erklangen hinter ihr. Katharina setzte
ihr leidendes Gesicht auf und drehte sich um. Ein hochgewachsener Mann trat
neben sie. Er sah gut aus und Katharina konnte sich ihn gut als zukünftigen
Liebhaber vorstellen.
"Es tut mir leid, dass ihr Mann so früh verstorben ist." Er lächelte sie an.
Katharina lächelte zurück, war sich aber sicher, dass er erstens log und zweitens
etwas von ihr wollte. Sie wusste nur noch nicht was. "Ich danke für ihr Beileid,
doch um mir das mitzuteilen sind sie bestimmt nicht hier, oder irre ich mich?"
Ihre direkte Art war herausfordernd, Luzifer entschied sich darauf einzugehen.
"Ich beobachte sie schon lange. Ich brauche eine Person mit ihren Fähigkeiten,
daher möchte ich, dass sie für mich arbeiten.
" " Aber ich bin nur eine unbegabte Frau." "Nun, ich fand die Morde an ihren
Ehemännern nicht nur begabt, sondern auch einfallsreich." Katharina hielt die
Luft an. Woher konnte er das wissen? Der Mann lächelte sie gewinnend an. "Ich
mache keine Geschäfte mit Fremden!" "Verzeiht, mein Name ist Luzifer." Luzifer?
Wo hatte sie diesen Namen schon einmal gehört? Verunsichert schaute sie ihn
an. Er konnte sie an die Dorfbewohner verraten, sie hatte also keine Wahl. Sie
MUSSTE tun, was er verlangte. "Nein, das möchte ich nicht!" "Was?" fragte sie
barsch. "Dass sie gezwungen sind mir zu dienen." Katharina war schockiert. Woher
wusste er, was sie dachte? WER war er? "Vielleicht sollte ich erklären.", begann
Luzifer wieder. "Erstens. Ich verfüge über magische Fähigkeiten, darunter auch
das Gedankenlesen. Zweitens. Ich bin der Herr aller dunklen Seelen der Toten
und der Lebenden, wenn sie mich anerkennen. Drittens. Ich brauche sie für eine
schwierige Aufgabe.
Wenn sie, freiwillig, sonst funktioniert es nicht, mich anerkennen als ihren
einzigen und wahren Herrn. Außerdem sollten sie ihrem letztem Glauben abschwören
... Also wenn sie mir dienen, verhelfe ich ihnen zu ihrer gewünschten Abwechslung.
Na, klingt doch fair, oder?" Für Katharina hörte sich das unglaublich an, aber
sie lebten in einer Welt von Verrückten, warum sollte es das nicht auch geben.
Außerdem fiel ihr jetzt wieder ein, wo sie seinen Namen schon gehört hatte.
"Nennt man euch zufälligerweise auch Teufel? Unser Priester warnt andauern vor
ihm." "Nur zufälligerweise." antwortete er spöttisch. Katharina war unentschieden.
Die Priester meinten, er wäre das verkörperte Böse, aber sollte sie sich deshalb
ein Abenteuer entgehen lassen? "Welche Aufgabe hättet ihr denn für mich?" Nun
grinste Luzifer. "Nichts, was ihr nicht schon getan hättet." Was hatte sie denn
getan? "Was hätte ich davon?" "Nun, ihr würdet am Leben bleiben.
Aus zuverlässiger Quelle habe ich erfahren, das Gott alles Verdorbene vernichten
will. Ich glaube ja, dass er mich nur ärgern will, er nimmt jede Kleinigkeit
persönlich - genauso wie sein Erzengel Gabriel. Er hat Noah angewiesen ein riesiges
Schiff zu bauen um sich, seine Familie und je zwei Tiere einer Art zu retten."
Katharina ließ sich das durch den Kopf gehen. Sie wollte auf gar keinem Fall
demnächst sterben, aber was würde dann aus ihr? Und was hatte Luzifer davon?
"Ich habe übrigens meiner Dienerin die ewige Jugend gegeben. Wenn ihr erfolgreich
seid und für mich arbeitet, werdet ihr solange ich lebe kein Tag älter. Mir
geht es hier allein darum Gott zu beweisen, dass er nie alles Böse ausrotten
kann. Wenn ihr überlebt, findet sich bestimmt Arbeit für euch.
Mein Plan, das Böse zu retten, wird IHM zwar nicht gefallen, aber was interessiert
es uns?" "Wem wird es nicht gefallen?" "Gott!" erwiderte Luzifer genervt. "Hört
ihr denn nicht zu?" "Doch, doch!" versicherte Katharina schnell. "Wollt ihr
mir nun dienen?" Sie brauchte nicht mehr lange nachdenken. "Ja, das will ich."
"Hört sich wie ein Eheversprechen an. Aber was soll's."
Luzifer war wirklich zufrieden mit sich. Katharina war vielversprechend. Vielleicht
sollte er sie an Mels Seite stellen, er musste bald zu Mel zurückkehren, da
er schon seit zwei Jahrhunderten unterwegs war. "Ich möchte zweierlei noch klar
stellen. Diese Abmachung gilt bis zum Tod und da wir jetzt längere Zeit zusammen
sind, können wir uns auch duzen." "Wie du willst, Luzifer. Was soll ich tun?"
Luzifer überlegte, sein Plan ging eigentlich nur soweit Katharina zu überreden
für ihn zu arbeiten. "Nun ... am besten du versuchst Noah und seine Familie
bei den Arbeiten zu stören und ich hätte da auch eine Liste an bedrohten Tieren,
die ungemein wichtig sind obwohl sie nicht auf Noahs Liste stehen." Katharina
lächelte und schmiegte sich an Luzifer. "Kein Problem. Ich werde einfach so
vorgehen, wie bei meinen beiden letzten Ehegatten." "Kluges Mädchen" "Danke."
Sie stellte sich auf die Zehenspitzen.
Ihr Gesicht war seinem jetzt sehr nahe, zu nah für Luzifers Geschmack. "Danach
werden wir uns aber besser kennenlernen." Sie strich zärtlich über seine Brust
und lächelte bedeutsam. Luzifer brach der Schweiß aus. Schnell befreite er sich
aus ihren Armen und nuschelte ein "wir werden sehen." Dann ging er wieder ins
Dorf. Einen Augenblick später folgte ihm Katharina.
Sie packte ein paar Habseligkeiten und das Geld ein und machte sich auf den
Weg zu Noahs Arche, die halbfertig in der Wüste lag. Ihr Dienst bei Luzifer
hatte begonnen.
© 2000 by Diana Eschler