Belial I
Durfte ein Engel
lieben? Luzifer liebte Gabriela und doch hatte eine Beziehung
zwischen den Beiden nie auch nur den Hauch einer Chance gehabt.
Liebte Gabriela eigentlich Luzifer? Am liebsten wäre ihm
natürlich gewesen, wenn sie es nicht täte. Aber selbst w enn
Luzifer seine Liebe zu der perfekten Gabriela aufgeben würde, so
wird er niemals sich ihm zuwenden. Trübsinnig saß Belial am
Fenster seines Gemachs und träumte vor sich hin. Seit Luzifer
nicht mehr im Himmel weilte, war die Welt für ihn grau und
trostl os geworden.
"Mein lieber Belial, du bist nicht auf deinem Posten. Ein
Engel der Mächte hat den Himmel zu beschützen und nicht vor
sich herzuträumen!" Ein Grinsen tauchte aus dem Nichts auf
und langsam wurde aus dem Grinsen ein ganzer Engel. Bael nutzte
sein Spezialgeb iet, die Unsichtbarkeit, mal wieder aus und
spionierte seinem Mitstreiter nach. "Was betrübt den heute
dein Gemüt? Mal wieder das Thema der Ungerechtigkeit? Wie hast
du es auf unserem letzten Treffen so emotional vorgetragen,"
er machte eine kleine Pause u nd fuhr im verstellten Ton weiter,
", wir Mächte sind verdammt zu nutzlosem Strammstehen im
Himmel, während Gabriel und seine Schergen auf der Erde den
ganzen Spaß haben! Wir sind die Wächter und Beschützer Gottes,
aber für uns gibt es nichts zu beschützen außer dem Staub auf
den alten Heiligen Seelen! Warum hat uns Gott erschaffen, wenn
wir nicht richtig leben dürfen. Warum werden einzelne Engel uns,
die einer höheren Triade angehören bevorzugt?'" Belial
starrte Bael grimmig an. Das hatte ihm noch gefehlt und gab
seinem schlechten Tag das Sahnehäubchen auf. Er hatte damals das
ganz ernst gemeint und jetzt spotteten sie über ihn. Dabei
sollten alle aufpassen, was sie sagen, da er noch die größten
Zauberkräfte unter den Mächten entwickelt hatte.
"Wenn du dich nur über mich lustig machen willst, solltest
du jetzt gehen, sonst geht deine Gesundheit.." Er ließ die
Drohung offen, aber sein Gesichtsausdruck sprach Bände. Doch
Bael schien das nur noch weiter zu amüsieren.
"Halt ein du grimmiger Gesell!" Prustete er los,
"ich bin doch auf deiner Seite. Aber wenn du das nächste
Mal unbedingt eine Revolte anzettelst, mach es richtig. Was
willst du denn wirklich Belial? Noch mehr Arbeit kann es doch
nicht sein." Belial druckste ein wenig herum. Sein Freund
hatte ja recht. Er wollte nicht, das Gott ihm eine aufregendere
Arbeit gab. Er wollte zu Luzifer. Wissend grinste Bael ihn
schelmisch an. "Ich wollte schon immer mal wissen, wie es
bei Luzifer auf der Erde aussieht. Hast du ni cht auch
Lust?" Entsetzt starrte Belial seinen Gegenüber an:
"Aber wir sind doch Diener Gottes! Wir können doch nicht
einfach so heruntersteigen und Luzifer besuchen." Er fing an
nervös auf und ab zu gehen.
"Wir müssten schon etwas schlimmes anstellen, dass wir aus
dem Himmel verbannt werden und Luzifer damit überzeugen können,
dass es uns ernst ist. Aber was kann schlimm genug sein?"
Überlegte er laut. Plötzlich blieb er vor Bael stehen und sein
Gesicht nahm ein verschlagenes Grinsen an. Bael hätte nicht
gedacht, dass das in Belial steckte. "Du hast es, glaube
ich, treffend ausgedrückt mein Freund," lächelnd lehnte er
sich lässig an Bael, "Ich zettel eine Revolte an.
Ich bin sicher, du und ich sind nicht die Einzigen, denen es
stinkt, dass Engel der niedrigsten Kaste so große Macht und
Vorzüge genießt. Lass uns Gott stürzen!" Dieser verwegene
Gedanke verhallte im plötzlich stillen Raum. Gott stürzen? War
das denn mögli ch? Und wusste der "Allwissende" nicht
bereits über den Plan Bescheid in dem Moment, wo er erdacht
wurde? Allerdings hatte der Gedanke etwas verwegenes. Bael
freundete sich immer mehr mit diesem Gedanken an.
Belials Enthusiasmus und Baels Intelligenz könnten sogar zum
Erfolg bringen. Die Beiden steckten die Köpfe zusammen und
planten...
Die zwei Gestalten
blickten von ihrem Spiegel hoch und blickten sich an. Die eine
ein wenig besorgt, doch die andere eher zufrieden.
"Das hattest du geplant, nicht war?"
"Glaubst du? Ich habe es eher befürchtet."
"Das musst du mir erklären? Ich wusste zwar, dass es ein
paar Engel gibt, die unzufrieden sind und Ärger machen würden.
Aber ich habe angenommen, du wirst das unterbinden."
"Nein, das ist eine gute Gelegenheit alle ,faulen Äpfel'
abzuernten. Ich lass die beiden noch gewähren."
"Verstehe, wenn alle sich zusammengerottet haben, wirst du
sie mit den loyalen Engeln des Himmels verweisen." Der
Seraphim lächelte wissend.
"Ja, so habe ich es geplant."
"Du weißt aber, dass sich deine ,faulen Äpfel' dann
schnurstracks zu Luzifer gehen und sich auf die Seite der Hölle
schlagen werden."
"Ja, damit rechne ich."
"Aber Luzifer ist das absolute Böse," empörte sich
der Engel, "Gabriel vergleicht ihn gerne als deinen
Nemesis."
"Gabriel hat unrecht. Auch wenn Luzifer des Himmels
verwiesen wurde, bleibt er doch immer einer meiner Engel. Es war
wichtig für das Schicksal der Erde, dass er gehen musste. Oder
glaubst du, ich verweise Engel des Himmels wegen einer
Kleinigkeit von einer Prügelei? Du musst tiefer schauen und die
Hintergründe erforschen. Luzifer ist nicht wirklich absolut
böse. Er ist nur ein wenig störrisch und versucht ein Bild
gerecht zu werden, dass wir ihm aufgestempelt haben. Und mit
seinen Versuchen, Böses und Verda mmnis über die Menschheit zu
bringen, hat er auch viel Gutes getan. Denk an Moses."
"Moment, du hast doch das Volk Israels gerettet und das Meer
gespalten."
"Schon, aber obwohl das Volk seit Jahrzehnten mich um deren
Befreiung anflehte, hat Luzifer den ersten Schritt getan."
"Eins musst du mir noch erklären, wenn jetzt die anderen
Engel auch auf die Erde kommen, werden sie nicht auch wie Luzifer
mit jedem Gläubigen und Anhänger stärker. Die Erzengel kommen
schon jetzt gegen Luzifer nicht mehr an."
"Wenn ein Mensch einen Engel anbetet, passiert gar nichts.
Nur Seraphim erhalten pro Anbeter mehr Macht." Der Seraphim
starrte Gott schockiert an.
"Aber das kann nicht sein. Luzifer ist ein ganz normaler
Engel der untersten Klasse und darf ich dich daran erinnern, dass
es nur weibliche Seraphim gibt!"
"Und einen männlichen. Bist du jetzt enttäuscht meine
liebe Gabriela? Das es einen Engel gibt, der dir ebenbürtig
ist?" Gabriela schmollte ein wenig.
Nachsichtig lächelte Gott sie an. "Warte einfach ab, meine
Liebe. Du wirst noch deinen Spaß haben."
"Das sagst du immer."
© 2003 by Diana Eschler