Moses IV

Der Mond erstrahlte rot über den mitternachtsblauen Sternenhimmel und ließ die Menschen in der dunklen Sklavenstadt mit bösen Vorahnungen zurück. Allein eine einsame Gestalt frohlockte, denn zeugte der Mond nicht von seinem bevorstehenden Sieg? Beschwingt setzte sich die Gestalt in Bewegung und machte sich auf die Suche nach seinem Gegner.
Mel indessen räkelte sich in den seidenen Laken in den Gemächern des Pharao. Leider hatte sie nicht den erhofften Spaß gehabt, aber der überschwängliche Luxus glich die Unzulänglichkeit des Pharao vollkommen aus. Schläfrig glitt sie aus dem Bett und schaut e auf die schlafende Gestalt des Pharao. Was würde wohl dieser Mann tun, wenn er wüsste mit wem er gerade geschlafen hatte. Mel lächelte über ihre Gedanken - diesem Mann ging es noch immer viel zu gut. Sie sollte endlich einmal anfangen, für Ägypten etwas unbequem zu werden. Mit einem Grinsen verließ sie den Palast. Sie musste unbedingt Luzifer finden - sie hatte gerade einen wirklich teuflischen Einfall.
Sie traf ihn endlich im Morgengrauen an. Er schien bester Stimmung und grinste fröhlich über das ganze Gesicht.
"Mel, meine Schöne, deine strahlenden Augen verheißen für die Menschheit nichts gutes. Willst du mich nicht an deinen Gedanken teilhaben lassen?" Mel schnaubte gutmütig. Aber sie ging auf sein Geplänkel nicht ein.
"Nicht bevor ich weiß, was dich so erfreut." Erwartungsvoll blickte sie zu ihm auf und wurde überraschend stürmisch umarmt. Luzifer hatte nicht nur gute Laune, er hatte hervorragende Laune, denn ihm war endlich eingefallen, wie er als Sieger aus dem Kampf mit Michael herausgehen konnte. Köpfchen war die Antwort und davon hatte er genug.
"Nun, ich habe einen Weg gefunden unseren ungebetenen Gast Michael zu besiegen. Ich bin eben genial." Mel schmiegte sich begeistert an ihn und strahlte ihn an.
"Wunderbar, und wie willst du ihn besiegen?"
"Mit Magie! Wie du weißt, habe ich selbst erst vor ein paar Jahrhunderten die Zauberei erlernt. Die Engel hängen mir nur ein oder zwei Jahrhunderte hinterher, aber Michael konnte noch nie die höheren Wissenspforten erreichen, dass bedeutet, er ist wahrsche inlich ein magischer Versager." Luzifer grinste in Gedanken schon bei seiner Siegesfeier. Mel indes kam Luzifers Kampf sehr recht. Sie konnte sogar seine Kräfte zu Ihrem Gunsten verwenden. Das Volk Ägyptens wird leiden und wie es leiden wird. Aber vorher m usste sie Luzifer von ihrer Idee überzeugen.
"Das ist super, Lu, du bist eben der Größte!" Treuherzig schaute sie in seine Augen, "aber wie wäre es, wenn du deine Magie nicht nur gegen Michael, sondern auch gegen die Bevölkerung verwendest. Warum einen guten Zauber verschwenden?"
"Ich wusste es," Luzifer machte sich von ihr los, "du schwärmst nicht umsonst so früh von mir. Das du etwas von mir willst, war ja klar."
"Aber Luzifer, eine Plage für einen Engel kann bestimmt auch eine Plage für die Menschheit sein. Und bedenke, dass du zwei Fliegen mit einer Klappe schlägst. Michael muss sich selbst verteidigen und gleichzeitig machtlos mit ansehen, wie Gottes Kinder gequ ält werden. Sein eigenes Versagen und seine Machtlosigkeit werden ihn gleich zweimal tief treffen." Verschwörerisch grinste sie Luzifer an und Mel wusste sie hatte gewonnen, denn nichts mochte ihr Herr mehr, als Engel quälen.
"Dann wollen wir mal die nachschauen, mit was wir die Menschheit beglücken." kicherte Luzifer und nahm Mels Arm. Gemeinsam trafen sie ihre Vorbereitungen.
Vorbereitungen, die schnell getroffen waren und mit Vorfreude erwartete Luzifer seinen Gegner, der endlich kam als die Sonne im Zenit über Ägypten stand.
Michael war nicht gerade gut zu sprechen. In ganz Ägypten hatte er nur ein Seifenstück für Gabriela gefunden und er wusste, dass er für sein Versagen in Gabriels Gunst sinken würde. Es war auch nicht zu glauben, dass er, der ganze Heerscharen anführte, kei ne Seife finden konnte. Es war beschämend. Um so wichtiger war es, seine zweite Aufgabe zu Gabriels Zufriedenheit zu erfüllen.
Grimmig kam er vor Luzifer zum stehen und er schwor sich beim Anblick des Gefallenen, Luzifer die Strafe zukommen zu lassen, die er verdiente, denn Luzifer war das Böse und er war ja einer der Guten. Genau deshalb muss Luzifer bestraft werden.
"Du kommst spät. Ich hatte dich früher erwartet." Luzifer seufzte theatralisch, "aber ich will dir verzeihen. So mein Lieber, bevor du jetzt über mich herfällst, müssen wir noch etwas klären." Michael schaute ihn verärgert und zugleich verdutzt an. Er war es gewöhnt, sofort einen Gegner anzugreifen und zu besiegen. Er hatte vorher nie verhandelt - aber vorher wurde er ja auch immer von Gott in den Kampf geschickt, nicht von Gabriel - auch wenn Gabriel bestimmt nur im Sinne Gottes handelte. Etwas ratlos blie b er erst einmal stehen. "Oh gut du hörst mir zu," Luzifer lächelte gewinnend, "du musst mir doch zustimmen, wenn es nichts nützt, wenn wir uns gegenseitig die Köpfe einschlagen. Wenn Gott das gewollt hätte, hätte er dich doch schon viel früher geschickt, oder?" Luzifer schaute erwartend zu Michael, doch dessen Miene blieb verschlossen. Der Teufel grinste innerlich, er war sich sicher, dass Michael nie zugegeben hätte, dass er nicht auf Gottes Befehl handelte. "Da wir nun zum Entschluss gekommen sind, uns n icht wie wild zu prügeln, schlage ich eine andere Methode vor."
"Und welche," mischte sich Michael ein. "Sollen wir Karten spielen, so wie du mit Azrael gespielt hast?"
"Aber nein, auf so etwas wäre ich nie gekommen, aber wenn du willst, können wir auch Karten spielen." Er schaute in Michaels grimmige Miene. "Wohl eher nicht. Also ich dachte mehr an etwas Größeres und Mächtigeres. Ich dachte an Magie!"
Michael stutzte, denn an einen derartigen Kampf hatte er nicht gedacht. Konnte er überhaupt so einen Kampf gewinnen? Aber da brach sein Stolz hervor. Er hatte noch nie einen Kampf verloren. Also nickte er Luzifer nur kurz zum Einverständnis zu und legte se in Schwert ab.

"Wer meinst du wird gewinnen?"
"Luzifer."
"Und das wirst du zulassen?"
"Ja, meine Zeit ist noch nicht gekommen."
"Da bin ich anderer Meinung."
"Aber du bist nur ein Seraphim."
"..."

© 2002 by Diana Eschler