Belial III

Wie tötet man einen gott? Wie tötet man einen gott? Ja, wie nur? Belial saß grübelnd über seinen plänen. Er hatte zu den mächten gesprochen, als ob der plan schon in sack und tüten wäre, aber dem war nicht so. Um ehrlich zu sein, Belial hatte keine ahnung, wie er seinen so hoch gelobten plan ausführen sollte und das schlimmste an der situation war, dass er auch niemand im himmel nach einem umsetzungsfähigen plan fragen konnte.
„Guten morgen!“ Ein lied auf den lippen schwebte Bael in den raum. „Warum so betrübt, mein komplize? Der tag ist doch so schön...“ Bael setzte sich unaufgefordert neben den grummelnden engel und grinste ihn erwartungsvoll an, doch der blieb stumm. Als die stille schon peinlich wurde setzte Bael hinzu: „Na los, frag mich!“
„Was soll ich dich fragen?“
„Belial! Sei nicht so ein stoffel! Frag mich, warum ich so fröhlich bin!“ Genervt verdrehte der angesprochene die augen. Seine stimmung war auf dem tiefpunkt und jetzt musste er sich auch noch mit diesem idioten Bael rumschlagen. Trotzdem gab er nach. Vielleicht würde Bael danach ja verschwinden.
„Warum bist du so fröhlich?“
„Weil ich zufälligerweise in den besitz eines passierscheins und eines erdenauftrags gekommen bin“ Wissend grinste er den jetzt sehr aufmerksamen gegenüber an. „und was bedeutet das mein freund?“ Er wartete gar nicht erst die antwort ab, sondern gab sie selbst: „Dass einer der mächte auf die erde gehen und nach erledigung seines auftrags ja mal Luzifer einen höflichkeitsbesuch abstatten kann. Ja,“ schwelgte Bael, „ich bin genial!“ Belial indes interessierte sich wenig für die selbstbeweihräucherung seines kameraden. Er stürzte sich auf die unterlagen, die Bael aus seiner tasche gezogen hatte.
„Ich will, ich will... Ich MUSS!“ Er entwendete die papiere und starrte sie an, als ob sie der heilige gral wären. „Lass mich gehen, ich muss unbedingt mit Luzifer sprechen und unseren plan mit ihm abstimmen.“
„Den plan, der nicht existiert?“ Grinsend schaute Bael in das entsetzte gesicht seines gegenübers. „Ja, ich weiß, dass du noch keinen plan hast. Du bist sonst mitteilsamer, aber ich glaube, ich bin der einzige, der dich durchschaut hat und deshalb habe ich dir auch diesen auftrag besorgt. Keine angst, ich hatte nie vor auf die erde zu gehen. Wie du weißt, habe ich einen straffen tagesplan. Heute steht golf mit Uriela an. Die süße kleine maus hat gehört, dass es DER sport in der zukunft sein wird. Also bringe ich ihn ihr bei und danach... wer weiß, könnten wir uns noch ein wenig in den wolken wälzen.“ Voller vorfreude sprang er auf und ließ Belial in seiner eigenen freude allein. Nachdem sich Belials herzschlag wieder normalisiert hatte, machte er sich auf den ihm gestellten auftrag schnell zu erledigen, um endlich wieder bei seinem geliebten Luzifer sein zu können.

„Ich drehe hier noch einmal durch!" Mel schrie diese ungerechtigkeit in die weite der hölle hinaus. Schon wieder hatte Luzifer sie allein zurückgelassen und vergnügte sich in der menschenwelt, während sie die kleinen teufelchen hüten durfte. Sie kam sich vor wie eine von diesen unglücklichen hausfrauen, die sie nie werden wollte. Und wann hatte sie das letzte mal wirklich guten sex gehabt? Sie hatte bereits entzugserschei­nungen und heute hatte sie ein graues haar in ihrer bürste gefunden.
Der tag fing schlecht an und er verschlechterte sich zusehends. Wütend sah sie sich nach den drei rackern um. Irgendwo mussten die ja stecken und wie sie aus bitterer erfahrung wusste, hatten die drei nichts als unsinn im kopf. Gerade als sie Sephisto mit einer ihrer tranchiermesser wegschleichen sah und ihn aufhalten wollte, erstrahlte die hölle in ungewohnt hellem glanz.
Entgeistert starrte sie den eintreffenden engel an. Ein engel in der hölle? Nur Aphrael wagte sich selten in die hölle und dann auch nur, wenn er seine göttliche aura abgeschirmt hat. Die frechheit dieses engels sicherte ihm sofort die volle aufmerksamkeit der ersten dienerin Luzifers. Mel verschränkte die arme und wartete schweigend bis der engel vor ihr stand.
„Dies hier ist die hölle.“ Begann sie mit einer vorgespielten ruhe und höflichkeit: „Wer es wagt, sich hierher zu trauen, ist entweder tot und verdammt oder ein diener Luzifers. Du diener gottes!“ Die letzten worte spie sie förmlich vor verachtung aus. „Du bist hier unerwünscht!“ Damit wedelte sie mit der hand und der engel flog in hohem bogen raus.
Verdattert blieb der engel auf seinen vier buchstaben sitzen. Er wurde rausgeschmissen. Er wurde rausgeschmissen? Er? Wie konnte es dieses weib wagen, so mit einem der großen mächte zu verfahren? Wütend stapfte er zurück zum eingang, doch als er die schwelle betreten wollte, prallte er gegen eine unsichtbare wand. Dieses miststück hatte ihn ausgesperrt! Wütend attackierte er die barriere, aber seine zauber verpufften wirkungslos. Nach einer Weile brach der engel erschöpft zusammen. Jetzt erst kamen zwei sehr ansehnliche beine in sein blickfeld. Langsam ließ er seinen blick hoch wandern bis er in das liebreizende antlitz seiner peinigerin schaute. Sie schien jetzt die allerbeste laune zu haben.
„Also,“ begann sie, „du kannst nicht so einfach als engel die hölle betreten, schon gar nicht, wenn du deine göttliche aura strahlen lässt. Aber wenn du lieb und artig bist und meine regeln befolgst, lass ich dich wieder rein.
Regel nummer eins: Die aura wird versteckt. Regel nummer zwei: Keine widerrede, befehle von Luzifer und mir müssen innerhalb der hölle befolgt werden. Regel nummer drei: Es werden keine verlorenen seelen gerettet.“
Danach drehte sie sich um und ging majestätisch zurück. Demütig folgte der engel ihr.
„Was willst du eigentlich bei uns?“ Die frage hätte Mel zwar schon viel früher stellen müssen, doch sie konnte erst jetzt, wo sie sich beruhigt hatte, wieder klar denken.
„Mein name ist Belial. Ich bin einer der mächte und wir zetteln gerade eine revolte im himmel an. Die erzengel haben zuviel macht erhalten und das gefällt uns nicht. Ich wollte Luzifer fragen, ob er uns vielleicht helfen kann, denn es ist nur zu seinem vorteil wenn gott gestürzt wird.“ Lachend wurde er von Mel unterbrochen.
„Ihr wollt gott stürzen? Das meinst du doch nicht ernst! Gott ist allmächtig und ewig. Schon allein deswegen ist das nicht möglich.“ Sie kugelte sich vor lachen und Belial wurde immer wütender. Was bildete sich diese person auch ein?
„Der plan ist von allen einstimmig beschlossen worden und wer bist du überhaupt, dass du dir ein urteil erlauben kannst?“
„Ich bin Mel.“ Diese einfachen worte veränderten alles. Das war also Luzifers erste dienerin, die ihn seit jahrhunderten schon begleitete. Die seinem geliebten Luzifer das bett wärmte und die er so eifersüchtig beneidete. Sie war sein großes vorbild, eine ikone der bösartigkeit! Er war hingerissen von ihrer schönheit.
„Weißt du Belial,“ schnurrte sie und kam langsam auf ihn zu, „Luzifer ist gerade nicht hier, aber du kannst gerne auf ihn warten.“ Einladend streichelte sie seine brust und schaute mit ihren großen blauen augen auf. Mel wusste, dass ihr blick männerherzen höher schlagen ließ, aber heute hoffte sie nur, dass er auch bei engelherzen funktionierte. Teufel noch mal, es war schon so lange her, dass sie sich ausgetobt hatte und dieser gefallene engel kam ihr da gerade recht. Belials gesicht rötete sich verräterisch und er ging in die schon für Luzifer typische abwehrhaltung. Aber damit hatte Mel inzwischen erfahrung. Kurz entschlossen zog sie den sich sträubenden engel in ihre kammer.

 

© 2006 by Diana Eschler